Elsner Podcast Cover Folge #14 mit Mike HeiderElsner Podcast Cover Folge #14 mit Mike Heider

Elsner Podcast Folge #14: Ist KNX bereit für die Zukunft? Was Shelly & Co. verändern – mit Mike Heider

Worum geht’s in dieser Folge?

In dieser Folge spricht Bastian Elsner mit Mike Heider, Unternehmer, Branchenkenner und Smart-Living-Vordenker, über die Entwicklung der Gebäudeautomation, das Potenzial von Systemen wie KNX und die Herausforderungen durch neue Player wie Shelly und Matter. Ein ehrliches Gespräch über Nachfolge, Datenräume und die Zukunft der smarten Gebäudetechnik.

Mike Heider

Zur Person

Mike Heider ist Elektroinstallateurmeister, Unternehmer und Teil der HEIDER Elektro GmbH in Berlin. Seit über 30 Jahren in der Gebäudeautomation aktiv, gilt er als vernetzter Branchenkenner mit klarer Haltung. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer engagiert er sich als Vorstandsmitglied der SmartHome Initiative Deutschland für zukunftsfähige Lösungen im digitalen Gebäudesektor.

Portrait Mike Heider auf grünem HintergrundPortrait Mike Heider auf grünem Hintergrund

Transkript der Folge #14

Veröffentlichungsdatum: 24. Juli 2025

[00:02] Bastian Elsner:
Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe von „Menschen, Lebensräume und Technik“, dem KNX Podcast von Elsner Elektronik. Ich bin Bastian Elsner und heute freue ich mich ganz besonders auf einen echten Pionier der Gebäudeautomation, Mike Heider, Unternehmer, Netzwerker, Branchenkenner und jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Seit über 40 Jahren in der Gebäudeautomation aktiv und immer ganz nah dran an den entscheidenden Entwicklungen.

Heute wollen wir Klartext sprechen über KNX, neue Player wie Shelly und die Zukunft der smarten Gebäudeautomation. Die Aufnahme hat noch eine weitere Besonderheit, denn heute sind wir nicht in Ostelsheim bei Elsner Elektronik, sondern ich bin Mike in Berlin besuchen gegangen und wir nehmen heute auch hier die Folge auf. Mike, herzlich willkommen im Podcast, schön, dass du mit dabei bist.

Einstieg & Werdegang

[00:57] Mike Heider:
Ja, toll, dass du die Zeit gefunden hast uns zu besuchen. Hallo Basti.

[01:04] Bastian Elsner:
Ja, sehr, sehr gerne. Mike, ich habe ja schon so ein bisschen angeteasert, du hast ein paar Jahre in der Branche hinter dir. Wollen wir vielleicht erst mal zu Beginn ein bisschen über deinen Werdegang sprechen, vielleicht auch über die Nachfolgethematik, die bei dir eine Rolle gespielt hat und allgemein das Unternehmertum, weil da haben wir ja ein paar Gemeinsamkeiten. Vielleicht zur ersten Frage: Du bist seit – ich habe gesagt – seit 40 Jahren in der Gebäudeautomation unterwegs. Das ist vielleicht ein bisschen viel. Ich glaube, 40 Jahre in der Elektrotechnik passt da fast schon besser. Was hat dich damals dazu bewegt, in die Fußstapfen von deinem Papa zu treten und mit ins Unternehmen einzusteigen?

[01:46] Mike Heider:
Also ich komme eigentlich aus einem ganz anderen Bereich. Ich habe Chemie studiert und bin dann durch den Sport mit einigen Verletzungen leider nicht mehr richtig im Studium unterwegs gewesen. Dann hat irgendwann mein Vater gesagt: „Mensch, lern doch mal einen Beruf, damit du wenigstens was hast.“ Und das habe ich dann auch getan. Und durch Studium, Abitur und was weiß ich nicht alles, habe ich das recht schnell durchziehen können und war dann auf einmal Facharbeiter – und bin dann da hängen geblieben. Also erschreckenderweise. Wollte ich nie machen, weil ich genau wusste: Handwerk bedeutet auch immer, sich die Finger schmutzig zu machen. Und eigentlich habe ich gesehen, dass mein Vater recht wenig Freizeit hatte. Aber ich habe das dann irgendwie anders lösen können für mich. Und irgendwann kam dann die Phase, wo man sagt, wenn man mit seinen älteren Herrschaften in einem Betrieb arbeitet: Eigentlich, glaube ich, das kann ich besser. Und als ich das dann immer stärker durchgezogen habe – und mein Bruder war ähnlich gepolt wie ich – haben wir den Betrieb dann 1995 gemeinsam übernommen und waren fest der Überzeugung, wir können das alles besser.

Wir hatten eine ganze Menge Mitarbeiter, aber man hat mir ans Herz gelegt: Du musst deinen Meister machen. Du bist zu jung, so sagten mir die Handwerkskammer und die Innung. Du musst was tun, damit du deinen Meister hinkriegst. Ich war frisch Vater, hatte keinen Bock auf Schule und habe dann gefragt: „Wann ist die nächste Prüfung?“ Die haben sich halb totgelacht bei der Handwerkskammer und gesagt: „In sechs Wochen – aber wie sieht’s denn mit Schule aus?“ Ich habe gesagt: „Ich probier’s mal.“ Und dann habe ich meinen Meistertitel einfach gemacht, indem ich mir ein paar Bücher geholt habe, habe mich sechs Wochen hingesetzt und dann habe ich meine Meisterprüfung abgelegt. So war das gewesen. War für meinen Vater natürlich nicht so toll, weil früher galt ja immer noch: Der Meister, das war was Besonderes, wenn man das geschafft hat aus eigener Kraft. Und dann kommt da so ein Jungchen, geht da hin und macht einfach seine Meisterprüfung. Da gibt es diverse Anekdoten noch – aber das werden wir jetzt mal nicht weiter ausmalen. Das war dann nachher so ein kleiner Fight zwischen Daddy und mir. Und er war, wie gesagt, nicht unbedingt begeistert davon, dass ich so ein bisschen an seinem Image gekratzt habe.

Unternehmensnachfolge & Meistertitel

[04:23] Bastian Elsner:
Aber deine Ausführungen – das kommt mir ganz bekannt vor. Ich glaube, wenn man mich damals als Teenager noch gefragt hätte: „Wie sieht’s denn aus, möchtest du irgendwann ins Familienunternehmen einsteigen?“, das hätte ich mit der allergrößten Mühe negiert und gesagt: „Auf gar keinen Fall – das wird niemals passieren!“ Und schau, wo ich heute bin. Also da steckt das Leben wirklich voller Überraschungen und man weiß nicht so richtig, wo es irgendwann mal hinführt.

Ja, was würdest du sagen: Was hat sich damals verändert? Ich meine, heute seid ihr ja ganz anders aufgestellt in eurer Firma. Ihr seid ein bisschen kleiner geworden, habt weniger Mitarbeiter.

Was hat sich da auch an der Unternehmenskultur verändert – ich sage mal, als dein Papa das Ganze noch gemacht hat, im Vergleich zu heute?

[05:08] Mike Heider:
Naja, an der Unternehmenskultur – ja, es hat sich ja ganz viel gesellschaftlich geändert. Und ich glaube, dass Unternehmen auch immer ein Spiegel der Gesellschaft sind. Man darf nicht vergessen: Als ich ins Unternehmen eingestiegen bin, war es eher so, dass Arbeit ein knappes Gut war – und Arbeitnehmer gab es überall. Also es war gar kein Problem, Leute zu finden. Das hat sich im Laufe der Jahre immer mehr verändert. Das Handwerk an sich war auch nicht mehr so up to date. Man darf nicht vergessen: In meiner Familie war ich der Erste mit Abitur, der Erste, der studiert hat. Und es war früher gar nicht so das Ziel in den Schulen, dass die Jugendlichen unbedingt Abitur machen. Viele haben einfach eine Lehre gemacht – vielleicht Fachabi, aber oft auch gar nichts weiter. Und dann haben sich die Eltern irgendwann gedacht: „Ich will für mein Kind was Besseres.“ Aber was heißt denn „besser“? Ist Handwerk schlechter? Nein. Aber es sollte eben etwas anderes sein – unbedingt studieren oder zumindest die Chance dazu haben.

Und ich habe das bei meinen Kindern auch nicht anders gemacht. Ich sage: Abitur ist ein Geschenk der Gesellschaft – wenn man es wahrnehmen kann, sollte man das tun. Ob man dann studiert oder nicht, ist eine andere Geschichte.

Und so haben sich viele Lebenseinstellungen, viele Werte verändert. Früher hieß es: Man macht sich selbstständig, wenn man Ziele hat. Heute heißt es Start-up – mit Förderung, Businessplan, Pitch und allem drum und dran. Das gab’s früher alles nicht. Und diese Ideale sind vielleicht nicht verschwunden, aber sie sind heute nicht mehr so präsent.

Technologischer Wandel & Matter

[07:16] Bastian Elsner:
Ich kann von früher nicht wirklich sprechen, aber meine Wahrnehmung von heute – und ich glaube, das ist auch durch unser Vorgespräch ein bisschen bewusster geworden – ist: Die Geschwindigkeit, in der sich alles verändert, ist heute eine ganz andere. Das Handwerk ist vielleicht heute nicht mehr das, was es mal war. Und ich glaube, dass viele Handwerksbetriebe – vor allem kleinere – wirklich damit zu kämpfen haben, mit diesen neuen Anforderungen zurechtzukommen.

Gerade bei uns in der Branche ist es extrem: die technologische Erneuerung, in welcher Geschwindigkeit da Dinge weitergehen. Und da ist die Anpassungsfähigkeit an neue Marktgegebenheiten bei einem kleinen Unternehmen natürlich deutlich schwieriger zu stemmen als bei einem großen, das dafür eigene Leute abstellen kann. Das bringt mich auch schon auf unser nächstes Thema.

Wir haben ja schon viel über Technologien gesprochen – und ich glaube, eine der Haupttechnologien, die wie eine Sau durchs Dorf getrieben wurde, war Matter. Und das sage ich bewusst ein bisschen provokant. Ich glaube, wir hatten beide gewisse Hoffnungen, dass da mehr passiert. Ich erinnere mich an ein Gespräch: Du kamst gerade von der Light + Building zurück und warst enttäuscht vom Matter-Stand.

Was sagst du dazu – zu diesem technologischen Wandel mit all den neuen Themen, die da auf uns zugekommen sind in den letzten Jahren? Wie nimmst du das wahr?

[08:52] Mike Heider:
Ja, Matter habe ich eher ängstlich wahrgenommen. Die Industrie hatte, glaube ich, Angst davor, weil niemand so richtig greifen konnte, was da auf sie zukommt. Man darf ja nicht vergessen: Die ganz großen Tech-Konzerne aus den USA haben sich da draufgestürzt. Und alle haben gedacht: Jetzt passiert vielleicht was für den User – was richtig Gutes. Keine Gateways mehr, keine Bridges – alles einfacher.

[09:27] Bastian Elsner:
Tausend Apps auf dem Handy…

[09:27] Mike Heider:
…genau, und es wird alles einfacher, ganz toll. Aber: Wir haben wohl alle vergessen, dass diese Datenkraken, die da draußen unterwegs sind, natürlich ein Eigeninteresse daran haben. Auch wenn sie da ein Konsortium gegründet haben – sie wollen ihre Daten trotzdem behalten. Und was anfangs so rasant wirkte, zieht sich jetzt wie Kaugummi. Ich bin ziemlich enttäuscht. Die ursprüngliche Angst wurde uns ja auf verschiedenen Veranstaltungen genommen – zum Beispiel durch Bayern Innovativ, die eine große Veranstaltung zu Matter gemacht haben. Aber das Ganze war nicht greifbar. Toll war die Idee, dass verschiedene Protokolle zusammengeführt werden – in einem Sensor, einem Aktor, einem Bediengerät. Aber dann hat es sich ewig hingezogen, bis mal zertifizierte Produkte kamen.

Und wie du schon sagtest: Auf der Light + Building habe ich gedacht, jetzt gibt’s einen großen Zusammenschluss – Apple HomeKit, IKEA, was auch immer – aber es war nichts da. Der Matter-Stand war zehn Quadratmeter groß – ich war enttäuscht. Hat mir aber auch gezeigt: Alle kochen nur mit Wasser.

Offene vs. proprietäre Systeme

[11:19] Bastian Elsner:
So sieht’s aus. Aber genau das war auch meine Wahrnehmung. Wenn du dir anschaust, wie das medial aufgebauscht wurde – das ganze Thema Matter – und dann schaust du, was wirklich passiert ist, was man wirklich einsetzen kann: Ziemlich wenig. Ich sehe kaum Produkt-Roadmaps, in denen Matter wirklich integraler Bestandteil der nächsten Jahre ist.

Es gibt ein paar Hersteller, zum Beispiel El Taco, die haben schon Produkte, die Matter-fähig sind – was ich großartig finde. Aber gleichzeitig weiß ich, dass viele dieser Firmen jetzt eigene Konfigurationstools entwickeln müssen, weil sie sagen: „Das, was Matter mit Bordmitteln kann, reicht uns einfach nicht.“ Da fehlen einfach Objekte – wir können viele Funktionen, die extrem wichtig sind, aktuell mit Matter nicht umsetzen.

Und was machen dann die Hersteller? Sie bauen wieder ein eigenes Layer obendrauf – mit eigener Software. Und das hat doch mit Standardisierung nichts mehr zu tun. Damit ist für mich ein Versprechen, mit dem Matter gestartet ist, jetzt schon gebrochen – bevor es überhaupt richtig Fahrt aufgenommen hat. Siehst du das auch so?

[12:38] Mike Heider:
Ja, das sehe ich ganz genauso. Aber das war auch irgendwie abzusehen. Ich glaube, die Funktionalität, die wir als Gebäudeautomatisierer erwarten, die hatten die gar nicht auf dem Schirm. Da wird sicher noch viel rumexperimentiert. Und wir kennen das auch aus anderen Bereichen.

Du kommst ja aus dem KNX-Bereich – da gibt’s auch viele Tools der jeweiligen Anbieter, damit man z. B. das Licht am Schalter nochmal individuell konfigurieren kann, weil selbst die ETS das nicht komplett abbilden kann. Und das ist schade – weil man damit den Standard aufbricht.

Und das machen, glaube ich, alle Hersteller – egal in welchem Bereich. Die einzige Ausnahme sind vielleicht proprietäre Systeme wie Homematic IP. Da gibt’s keine Drittanbieter – kein Layer von außen. Oder Loxone – das ist ein durchgängiges System. Da brauchst du keine Fremdprodukte, kein eigenes Layer on top. Und das ist der Unterschied.

KNX-Schnittstellen & Shelly-Produkte

[14:21] Bastian Elsner:
Ich gehe da komplett mit. Ich musste direkt an „free@home“ denken. GIRA One ist, glaube ich, auch so ein relativ neues System, das genau in diese Kerbe schlägt.

Man versucht, sich irgendwie zu helfen – um die Limitationen des Standards zu umgehen. Ich finde es toll – gerade GIRA One hat mich extrem gefreut, weil es ein echtes Bekenntnis zur KNX-Technologie ist. Zukünftig auch KNX Secure. Aber es befeuert eben trotzdem so ein bisschen die Verwässerung des Standards – weil es ja nicht mehr wirklich interoperabel ist.

Und das ist für mich eigentlich der große Vorteil von KNX – und das große Abgrenzungsmerkmal gegenüber den Systemen, die du eben genannt hast. Ich persönlich bin kein Fan von proprietären Systemen. Wenn ich Leute berate, versuche ich, das Bild vom „goldenen Käfig“ zu benutzen, in den man sich begibt, wenn man nicht weiß, was man tut. Loxone ist ein gutes Beispiel – die haben alles selbst in der Hand, müssen sich mit niemandem abstimmen, haben ein einziges Konfigurationstool – das ist ein Riesenvorteil.

Aber auf der anderen Seite bist du dann eben nur bei Loxone – und hast keine Möglichkeit mehr, später zu wechseln. Das brauche ich dir nicht erzählen – aber ich glaube, für unsere Zuhörer ist das ein spannender Gedanke.

[15:43] Mike Heider:
Ja gut – aber die arbeiten natürlich alle mit systemübergreifenden Schnittstellen. Der Loxone Miniserver zum Beispiel hat eine KNX-Schnittstelle. Die ist zwar nicht lizenziert, aber Gruppenadressen umsetzen, Schaltbefehle ausführen – das geht bei fast allen.

Und da sind wir dann auch schon bei Shelly. Da ist es genau das Gleiche. Auch Shelly hat eine KNX-Schnittstelle und kann mit Gruppenadressen arbeiten.

Preisdruck & Großprojekte

[16:19] Bastian Elsner:
Und die funktionieren sogar richtig gut. Das wäre auch eine meiner nächsten Fragen gewesen: Bist du schon mit den Produkten von Shelly in Berührung gekommen? Weil das, was ich da zuletzt gesehen habe – fantastisch. Von der Funktionalität her quasi KNX direkt mit an Bord. Und dann guckst du dir den Preis an… Klar, ein bisschen beängstigend – aber tolle Produkte.

Was sagst du dazu?

[16:39] Mike Heider:
Was erschreckend ist: Bei Shelly funktioniert der B2C-Bereich hervorragend – und das zu Preisen, bei denen man sich fragt, ob man als Handwerker da überhaupt noch dazwischen geschaltet sein sollte. Im B2B-Bereich ist es nicht unbedingt das tollste Produkt für uns. Aber was die Produkte können – da finde ich im Moment nichts auf dem Markt, was preislich auch nur annähernd rankommt.

Also wenn jemand sagt: „Ich will ein Smart Home, aber ich habe kein Geld“, was eigentlich ein Ausschlusskriterium ist – dann kann er Shelly nehmen. Und das ist für uns dann schon erschreckend. Wir haben mittlerweile einige Projekte mit Shelly bestückt. Das größte hatte, glaube ich, 150 Geräte. Aber es ist nicht so einfach, wie es klingt. Je größer so ein Projekt wird, desto mehr muss man auf Themen wie IT-Sicherheit achten. Da brauchst du Wissen über VLANs, managebare Switche, Maskierung, VPN – denn Sicherheit spielt eine große Rolle.

Was bei Shelly auch noch nicht schön gelöst ist – und das ist ähnlich wie bei Digitalstrom – ist das Thema Benutzerverwaltung. Es gibt aktuell keine Möglichkeit, User richtig zu administrieren. Du hast einen Admin – und das war’s. Da erwartet der Nutzer heute einfach mehr.

Sicherheitsfragen & Systemberatung

[18:39] Bastian Elsner:
Sorry, wenn ich dir da vorgreife – aber das ist für mich Standard. In einer KNX-Installation muss das gegeben sein. Und wenn das nicht der Fall ist, würde ich beim Systemintegrator auf jeden Fall nochmal nachhaken, warum das so gemacht wurde.

[18:53] Mike Heider:
Das sollte man im Vorfeld immer klären. Die Beratung sollte immer darauf abzielen, was der Kunde wirklich will – und womit er leben kann. Wir arbeiten da zum Beispiel mit einer Matrix: „Nice to have“ und „Must have“. Und daraus ergibt sich dann nicht nur das Produkt – sondern oft auch direkt das passende System. Das schließt manche Systeme dann eben auch aus.

Marktdynamik & KNX IP

[19:19] Bastian Elsner:
Ich höre da gerade so ein paar Herausforderungen für den hiesigen Markt raus. Wenn ich mir die Preisstruktur unserer Hersteller anschaue und dann sehe, was Shelly aufruft – das ist schon eine Ansage. Aber wie ich dich verstanden habe, kann Shelly aktuell in größeren Projekten seine Vorteile noch nicht richtig ausspielen. Da kommt KNX noch eher zum Zuge. Was siehst du denn für Herausforderungen für unsere Industrie, wenn solche Player von außen reinkommen – und das gar nicht mal schlecht?

[20:00] Mike Heider:
Natürlich ist das nicht schlecht – es befeuert den Markt. Wenn es Zigbee, Z-Wave und all die anderen Funklösungen nicht gegeben hätte, dann hätten wir wahrscheinlich heute noch keinen KNX RF-Standard. Manchmal braucht es diesen Tritt in den Hintern – gerade wenn ein System so groß geworden ist wie KNX. Die Community ist riesig, international stark, es gibt viele Hersteller und Produktvarianten – aber das führt auch dazu, dass man manchmal träge wird.

Und IP hat meiner Meinung nach viel zu lange gebraucht, bis es sich wirklich durchgesetzt hat. Jetzt haben wir das Problem, dass andere Hersteller längst auf IP-Lösungen gesetzt haben.

Wir haben ja vorhin schon über Homematic IP gesprochen. Das ist zwar kein echtes Ethernet-Protokoll, aber auch dort gibt es mittlerweile nicht nur Funk, sondern auch wired. Und viele Hersteller sind auf diesen Zug aufgesprungen und haben angefangen, KNX Marktanteile abzunehmen.

Aber in den letzten Jahren hat sich KNX gewehrt – und ist wieder zu einem Standard geworden, den man eigentlich überall einsetzen kann.

Smart Living & Datenräume

[21:37] Bastian Elsner:
Ich glaube, KNX bringt da auch noch andere mächtige Bordmittel mit. Klar, wir haben vorhin über Verwässerung des Standards gesprochen, durch zusätzliche Systeme, die auf den Bus gelegt werden. Aber Standardisierung bringt einen riesigen Vorteil mit sich – vor allem wenn’s um Daten geht.

Wir als Hersteller sind stark im Sensorik-Bereich, unsere Produkte sammeln extrem viele Daten über den Bus. Ich habe mich lange gefragt: Was kann man mit diesen Daten eigentlich anfangen? Als Hersteller kommt man da oft gar nicht dran, aber innerhalb der Gebäudeautomation selbst kann man diese Daten natürlich nutzen – und damit Großartiges machen. Und dann habe ich gemerkt – da bin ich nicht der Einzige mit dieser Idee. Es gibt ganze Vereine, die sich damit beschäftigen. Du engagierst dich ja z. B. in der Smart Living Initiative. Magst du uns und den Zuhörern mal erklären, was da gerade passiert und wie das mit Datenräumen zusammenhängt? Und warum KNX da eine wichtige Rolle spielen kann?

[23:06] Mike Heider:
Ja gut, wo fange ich da an… Wir wissen alle: Wir sind nicht Herr unserer Daten. Unsere Daten landen irgendwo – aber meistens nicht bei uns. Ob Android, Apple, Windows – wir wissen oft gar nicht, wo diese Daten gespeichert werden. Dabei sind das hochrelevante Nutzerdaten. Und damit lassen sich Geschäftsmodelle entwickeln. Europa, und speziell Deutschland, ist da echt abgehängt worden. Die Amerikaner sind da führend – auch wenn sie keine guten Autos bauen können, aber im Bereich Daten sind sie uns Lichtjahre voraus. Und dann hat irgendwann das Bundeswirtschaftsministerium reagiert. Basierend auf der Smart Living Initiative wurden Fördergelder bereitgestellt – mit dem Ziel, eigene Datenräume zu schaffen. Nicht KI, nicht AI – das ist der nächste Schritt – sondern erstmal: Datenräume aufbauen. Und dafür brauchen wir Daten. Viel zu wenige bisher. Wir sind gerade erst dabei, diese Räume zu befüllen. Und es geht nicht nur um Daten aus Bussystemen. Da geht es auch um PDFs, DOCs, Vertragswerke – also ganz verschiedene Formate, die wir konvertieren müssen.

Ziel ist, dass diese Daten miteinander sprechen können – und das geht aktuell nur, weil einige Firmen, wie z. B. Materna, daran arbeiten, diese Datenräume miteinander kompatibel zu machen. Wir brauchen also erst mal einen Übersetzer. Und wenn die Daten kompatibel sind, stellt sich die Frage: Wer gibt Daten, wer nimmt Daten – und wer wird wie beteiligt? Das ist die große Herausforderung.

Momentan geht es vor allem darum, die Datenräume mit Inhalt zu füllen und gleichzeitig Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein spannendes Beispiel ist Ambient Assisted Living – also das Leben im Alter. Viele Dienstleister im Pflegebereich arbeiten jetzt schon mit ersten Modellen. Wenn die Patienten zustimmen, werden deren Daten genutzt, um daraus etwas Sinnvolles zu bauen – ob es Sicherheitslösungen sind, Komfort oder Gesundheit. Das Ganze steckt noch in den Kinderschuhen – aber gib dem zwei, drei Jahre, und du wirst sehen: Da wird sich extrem viel tun.

[27:28] Bastian Elsner:
Ich bin gespannt. Ich weiß nicht, ob du das schon gesehen hast: Wir sind jetzt auch Mitglied der Smart Living Initiative.

[27:31] Mike Heider:
Nein, habe ich noch nicht.

[27:32] Bastian Elsner:
Doch, ist jetzt durch – letzte Woche durfte ich ein paar spannende Interviewfragen beantworten. Ich freue mich riesig, bald Zugriff auf den internen Bereich zu haben und mal zu sehen, was da alles passiert. Ich denke, das sind super zukunftsträchtige Themen und ich freue mich wirklich, dass wir da jetzt auch ein Stück weit mitwirken können.

[27:58] Mike Heider:
Ja, mit wem hast du’s denn zu tun? Mit Michael Schidlack?

[27:59] Bastian Elsner:
Ja, ganz genau.

[28:01] Mike Heider:
Michael ist halt der Mann der ersten Stunde.

[28:05] Bastian Elsner:
Vielleicht bekomme ich ihn auch mal hier in den Podcast.

[28:06] Mike Heider:
Oh, mit Sicherheit! Mit Sicherheit.

[28:11] Mike Heider:
Und er stottert nicht so viel wie ich.

[28:14] Bastian Elsner:
Das ist mir noch gar nicht aufgefallen, Mike.

Was ich noch ergänzen wollte: Ich war letztes Jahr hier in Berlin auf einem Data Summit. Da erinnere ich mich an einen Vortrag, da ging’s um Waschmaschinen. Und zwar haben moderne Waschmaschinen unter der Trommel einen Erschütterungssensor. Wenn da ein Stein drin ist oder die Trommel unrund läuft, dann erkennt das die Maschine und schaltet ab. Aber dieser Sensor misst die ganze Zeit. Jetzt stell dir mal vor: In Berlin hast du in jedem Haus, in jeder Wohnung mindestens eine Waschmaschine. Die Dinger sind also überall. Und diese Daten – die sind da. Miele, Bosch – die holen sich diese Daten bei jedem Servicebesuch. Aber als Nutzer weiß ich davon gar nichts. Ich weiß nicht mal, dass es diese Daten gibt. Und wenn man schon solche Daten sammelt – dann sollte man die vielleicht auch sinnvoll nutzen. Zum Beispiel zur Erdbebenerkennung. Oder in der Klimaforschung, mit Temperaturdaten von Wetterstationen. Aber momentan wird sowas kaum genutzt.

Und auf der anderen Seite nutzen andere unsere Daten eben für Werbung. Wenn ich jeden Dienstag Pizza bestelle, dann kriege ich Dienstagabend auch die entsprechende Werbung. Das ist monetär gedacht – aber die sinnvollen Anwendungen bleiben oft auf der Strecke. Was fehlt, ist ein Rahmen, ein Verständnis, ein Umgang mit den Daten.

Und ich glaube, da brauchen wir solche Initiativen wie Smart Living ganz dringend.

Alltagsdaten & Nutzenpotenziale

[29:51] Mike Heider:
Ja, aber du sprichst da gerade von deutschen Herstellern – und einem deutschen Markt. Aber wir machen uns viel zu wenige Gedanken über die Sachen, die in unseren Handys laufen.

Ich weiß nicht, wie viele Funktionen du da ausgeschaltet hast – aber wir werden getrackt bei jedem Mist. Komplettes Userverhalten, Konsumverhalten – das nehmen wir einfach so hin. Und das ärgert mich ehrlich gesagt viel mehr, als ein paar Sensoren in Haushaltsgeräten. Denn da geht es um Dinge wie Kochverhalten – wie oft isst jemand Pizza, was wird wann zubereitet – die Geräte wissen das längst.

Und ich bin mir sicher: Die haben längst kleine Datenspeicher eingebaut, die wir als Nutzer gar nicht erkennen, die aber bei jedem Update ausgelesen werden.

[30:51] Bastian Elsner:
An sich denke ich: Wir können viel Positives aus Datenthemen schöpfen. Aber – und das hast du gerade schön gesagt – die Daten werden momentan eher genutzt, um monetäre Vorteile auszuspielen.

Wenn ich weiß, einer bestellt jeden Dienstagabend Pizza, dann kriegt der Dienstagabend halt Pizza-Werbung. Aber wie du sagst: Temperaturdaten, Erschütterungen – das wären super wertvolle Infos für Forschung, für Katastrophenschutz, für Klimamodelle. Aber die Daten werden nicht richtig eingesetzt. Und ich glaube, da fehlt nicht nur Regulierung – die haben wir ja schon genug – sondern eher ein Verständnis dafür, was für Daten wir überhaupt erheben und wie wir mit ihnen umgehen.

Ich finde es großartig, dass es da jetzt Vereine und Initiativen gibt, die sich dem Thema mal ernsthaft widmen.

[31:59] Mike Heider:
Ja, mit Sicherheit.

Und ich freue mich wirklich, dass ihr da jetzt auch mit an Bord seid. Ihr habt mit Sensorik und Daten ja sowieso viel zu tun – und ihr habt das technische Verständnis, was viele andere nicht mitbringen. Ihr seid also genau richtig für sowas. Und: Je mehr mitmachen, desto besser. Das Ziel war ja, 300 Mitglieder zu gewinnen. Das sah eine Zeit lang echt schwierig aus, aber jetzt nimmt das richtig Fahrt auf.

KNX-Geschichte & erste Projekte

[32:28] Bastian Elsner:
Ja, super. Ich meine, wenn ich mir die Mitglieder anschaue, da sind wir wirklich in guter Gesellschaft. Ich bin total gespannt, was da noch rauskommt und freue mich riesig, dass wir da jetzt auch mit dabei sind. Wir haben heute schon viel über KNX gesprochen, aber auch über andere Protokolle und Systeme – darunter ein paar proprietäre.

Aber unser Kontakt kam ja ganz eindeutig über KNX zustande. Hast du vielleicht ein paar historische Anekdoten für uns? Was waren denn deine ersten Berührungspunkte mit KNX – oder vielleicht damals sogar noch EIB?

Fällt dir da eine Geschichte ein, die du gerne mit unseren Zuhörern teilen würdest?

[33:10] Mike Heider:
Ja, klar. Ich bin da so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Irgendwann kam ein Mitarbeiter von Siemens zu mir – Pegau hieß der, der ist auch heute noch aktiv und auf LinkedIn unterwegs. Der meinte: „Du, wir haben da was ganz Neues – ich kenne mich zwar selbst nicht richtig aus, aber willst du nicht mal nach Erlangen fahren?“ Ich: „Was soll ich denn da? Geht’s um die Leuchtenfabrik?“ Er: „Nee, wir machen da was mit Schaltern, Bussystem und so.“ Ich hatte keine Ahnung – aber ich bin halt mal hingefahren.

Und das war dann tatsächlich die erste Schulungsstätte für Instabus EIB. Als ich da ankam, gab es eine Software in einer Beta-Version, eine Busleitung, ein paar Schalter – mehr nicht. Ein Schaltaktor, Einfachtaster, Zweifachtaster, Dreifachtaster – das war’s im Grunde. Und ein Tool, mit dem man die Leitungslänge eingeben konnte, um den Spannungsfall zu berechnen. Also echt Basic. Und für mich war das erstmal ein Siemens-Produkt. Ich wusste damals gar nicht, dass es da auch andere Hersteller gibt. Für mich war das: Siemens macht jetzt Bus.

Damals hatten die ja auch den Chip patentiert – den KNX-Transceiver. Und dann ging’s los mit Schulung. Ich war relativ schnell durch – und hab dann sofort verkauft. Obwohl ich keine Ahnung hatte. Aber ich bin halt ein ganz guter Verkäufer. Und ich hatte Glück: Mein erstes Projekt war mit einem Architekten, mein zweites mit einer technikaffinen Dame. Und da habe ich gemerkt: Gerade durch Smartphones haben Frauen viel mehr Zugang zu Technik bekommen. Und dann kam das Bedürfnis: „Ich will draußen das Licht schalten – aber vom Handy aus.“ Früher musstest du dafür zum Schalter laufen. Jetzt: Einfach App. Das war ein Aha-Moment – für mich wie für die Kunden.

[38:04] Bastian Elsner:
Super, vielen Dank für die Story.

Erinnerst du dich zufällig noch, in welchem Jahr dein erstes EIB-Projekt war?

[38:12] Mike Heider:
1993. 1991 war ich das erste Mal in Erlangen zur Schulung, und 1993 habe ich dann die ersten Projekte umgesetzt.

Kritik an Trägheit & KNX IP

[38:23] Bastian Elsner:
Schlag auf Schlag – echt beeindruckend. Ich habe vorhin rausgehört, als es um die Funktechnologie ging, dass es extrem lange gedauert hat, bis KNX RF überhaupt mal kam. Ohne Z-Wave, ohne Zigbee hätten wir das vermutlich heute noch nicht. Und du hattest dich da im Vorgespräch auch ein bisschen kritisch geäußert, dass KNX in manchen Bereichen an Boden verloren hat.

Einfach mal aus deiner Warte: Was hätte man da früher besser machen können – vielleicht auch seitens der KNX Association? Was hast du vermisst?

[38:57] Mike Heider:
Das kennen wir ja aus vielen Bereichen der Industrie: Je größer ein System wird, desto träger wird es. Und wenn ich mich darüber ärgere, dann vielleicht auch deshalb, weil die Hinweise ja da waren. KNX hat Marktanteile verloren, die es gar nicht hätte verlieren müssen. Das ärgert mich.

Zum Beispiel bei der IP-Geschichte: Wir wussten ja schon Anfang der 90er, dass der Bus viel zu langsam ist für gewisse Anwendungsfälle. Ich erinnere mich an ein Projekt: Ein Kunde wollte wissen, ob jemand vor seiner Garage steht, bevor er rausgeht. Wir haben damals gesagt: „Wir könnten eine Kamera anschließen – aber der Bus ist zu langsam.“ Dann hat der Kunde gesagt: „Einzelbilder würden mir reichen.“ Und wir haben es wirklich ausprobiert. Auf der Hannover Messe haben wir mit Siemens zusammen eine Demo gemacht – KNX mit Kamera, Einzelbildübertragung. Es war technisch machbar – aber eben nur, weil die Anforderung gering war.

Und trotzdem war damals schon klar: Der Bus ist für solche Datenmengen nicht gemacht. Warum hat man da nicht direkt ein IP-Backbone entwickelt? Warum nicht früher auf Ethernet gesetzt? Stattdessen mussten wir für alles ein eigenes Gateway bauen. Das war einfach schade. Und ich glaube, das liegt – ohne Vorwurf – an der Größe der Association. Solche großen Gebilde brauchen einfach zu lange, um sich zu bewegen.

Grenzen von KNX & Bedeutung offener Standards

[42:21] Bastian Elsner:
Das kommt wieder – den Namen können wir ja im Nachgang nochmal recherchieren. Ich würde gern noch kurz auf die Geschwindigkeit eingehen. Es ist ja bekannt, dass KNX eine gewisse Bandrate hat und bei Themen wie Bildübertragung einfach nicht mithalten kann. Aber wenn ich jetzt mal auf die Raumebene schaue – also Licht schalten, Jalousien steuern – wie viel Geschwindigkeit braucht es da wirklich? Ich finde, da reicht der klassische Bus doch völlig aus. Und ich höre oft den Vorwurf: „KNX ist zu langsam.“ Aber meine Gegenfrage ist dann immer: Wofür muss es denn schneller sein?

[43:09] Mike Heider:
Ja, das reicht vollkommen aus – für alles, was Schaltsignale betrifft, Szenen, Zustandsanzeigen etc. Da ist der Bus absolut ausreichend. Aber das Problem beginnt, wenn du große Anlagen hast, wo viele Daten gleichzeitig fließen – z. B. bei Klimatisierung, Lüftung, Energiemanagement. Da denke ich nicht an ein Einfamilienhaus, sondern an ein Hochhaus in Frankfurt. Da stoßen wir mit KNX einfach an Grenzen. Und da brauchst du eine GLT – also eine Gebäudeleittechnik – die andere Protokolle mit einbindet. Und da kommt KNX an seine Grenzen. Das ist keine Schande, aber es ist eben so.

[44:02] Bastian Elsner:
Ja, ich glaube, das ist auch wichtig so darzustellen: KNX hat seinen Platz – und zwar in sehr vielen Projekten. Aber bei den ganz großen Themen, den richtig komplexen Anlagen, braucht es eben mehr. Und da geht es am Ende nicht um entweder-oder, sondern um ein Zusammenspiel. Best of both worlds – oder eigentlich: Best of many worlds. KNX, Modbus, BACnet, OPC UA – da kommt am Ende alles zusammen. Aber der gemeinsame Nenner ist: Es sind alles offene Standards. Und das ist mächtig – weil es eben skalierbar und interoperabel ist.

[44:41] Mike Heider:
Ja, und genau deshalb haben Systeme wie LCN oder Digitalstrom bei solchen Projekten keine Chance. Die sind zu proprietär, die kommen da einfach nicht mit.

Zukunft der ETS & Systemintegration

[44:54] Bastian Elsner:
Wir haben heute ja auch schon über Veränderungen gesprochen – ob das jetzt Anforderungen an Handwerksbetriebe sind oder an mittelständische Hersteller wie uns. Ich glaube, Wandlungsbereitschaft ist eine extrem wichtige Fähigkeit. Und das gilt nicht nur für einzelne Unternehmen – sondern auch für die KNX Association und die gesamte Branche. Denn: Die Konkurrenz schläft nicht. Protokolle wie Matter, Zigbee, Z-Wave – die entwickeln sich rasant.

Was meinst du – wie muss sich KNX weiterentwickeln, damit wir auch in Zukunft noch die Relevanz behalten, die wir heute haben?

[45:37] Mike Heider:
Ich glaube, KNX muss sich deutlich mehr öffnen. Klar, mit KNX Secure geht man schon einen richtigen Schritt, aber ich finde es viel zu kompliziert. Und es bringt Probleme mit sich – zum Beispiel wenn du Geräte ersetzt, die vorher im Secure-Modus eingebunden waren. Das ist oft ein Riesenaufwand, weil man die aus dem Projekt nicht richtig entfernen kann, ohne dass Fehler entstehen. Da muss man besser werden.

Und was ich mir außerdem wünsche: Die ETS sollte sich noch viel stärker öffnen. Ich bin kein Fan von Gateways, Bridges, Übersetzern – wenn ich ein System habe, will ich darin alles konfigurieren können. Wenn die ETS es schaffen würde, auch andere Protokolle direkt zu integrieren – dann wäre das ein echter Gamechanger. Dann könnte ich als Integrator sagen: „Ich brauche nur ein Tool.“ Und ich müsste nicht für jeden Hersteller noch ein separates Schulungspaket buchen. Weil: Das ist aufwendig, teuer, zeitraubend – und nicht jeder kleine Betrieb kann sich das leisten.

Die Realität ist ja: Wir müssen das umsetzen, was uns über die Leistungsbeschreibung ins Haus flattert. Wir sind nicht immer direkt beim Endkunden. Und dann hilft es halt, wenn man ein zentrales Tool hat, das nicht nur für Profis wie uns, sondern auch für normale Installateure praktikabel ist.

Die ETS hat diese Vorteile – sie ist sicher, sie ist strukturiert, und sie ist nicht einfach mal schnell manipuliert. Und trotzdem: Sie muss sich weiterentwickeln. Dann wird KNX auch weiterhin relevant bleiben.

Fazit & Abschluss

[48:22] Bastian Elsner:
Aber die dürfen halt nicht schlafen. Vielen Dank für deine Sichtweise – ich finde, das ist ein wahnsinnig spannender Gedanke. Ich höre da auch so ein bisschen raus: Die ETS braucht mal wieder einen großen Wurf. Nicht nur kleine Updates, sondern mal ein richtig mutiges Release.

Der Begriff „ETS 2.0“ fällt ja mittlerweile häufiger in der Branche. Ich bin sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Ich hatte ja in der ersten Staffel mal den Michael Critchfield zu Besuch – Produktmanager der ETS – das war eine super spannende Folge. Ich hoffe, ich kann ihn auch nochmal für die zweite oder dritte Staffel gewinnen, um zu sehen: Was hat sich seitdem getan?

[49:08] Mike Heider:
Na du bist ja am dichtesten mit dran. Ihr müsst ja auch an den Entwicklern dran sein, damit eure Produkte in die ETS passen und neue Funktionen gleich unterstützt werden.

[49:26] Bastian Elsner:
Ja, das muss alles Hand in Hand gehen. Mike, mit Blick auf die Uhr: Wir sind jetzt schon am Ende unserer geplanten Zeit angekommen. Ich fand, das war ein richtig spannender Austausch. Wir haben kritisch über Themen gesprochen, aber auch konstruktive Ideen gesammelt.

Mir hat’s riesig Spaß gemacht, mit dir über all das zu sprechen. Und für alle, die mehr über dich, deine Arbeit oder dein Engagement in der Smart Living Initiative erfahren möchten: Ich verlinke Mikes LinkedIn-Profil in den Shownotes. Schaut da gerne mal vorbei.

Und nochmal ein ganz großes Danke für die Einladung hier nach Berlin und dafür, dass wir die Folge bei dir aufnehmen konnten.

[50:31] Mike Heider:
Ja, ähnlich wie du hatte ich ja meine Erfahrungen mit der Übergabe eines Familienbetriebs. Und ich wünsche dir ganz viel Glück, ein gutes Händchen und den richtigen Blick, um euren Betrieb weiter voranzubringen.

Du hast ja erzählt, dass du das zusammen mit deiner Schwester machst – das ist sicher eine Herausforderung. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es manchmal ist, in die großen Fußstapfen der Eltern zu treten.

Also: Good luck – und schön, dass du da warst.

[51:10] Bastian Elsner:
Vielen Dank, Mike! Und an unsere Zuhörer: Ich hoffe, euch hat die heutige Folge gefallen und ihr hattet beim Zuhören genauso viel Spaß wie wir bei der Aufnahme. Ich freue mich, wenn ihr das nächste Mal wieder dabei seid bei Menschen, Lebensräume und Technik – dem KNX Podcast von Elsner Elektronik.

Mein Name ist Bastian Elsner – bis zum nächsten Mal. Tschüss!

[51:43] Mike Heider:
Tschüss!

Autor: Elsner Elektronik Redaktionsteam | Stand: 07/2025

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